FFH und NATURA 2000 – um was geht es da eigentlich?
Mit der Verabschiedung der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie im Mai 1992 haben sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) verpflichtet, ein zusammenhängendes ökologisches Netz besonderer europäischer Schutzgebiete aufzubauen. Dieses Schutzgebiet-Netzwerk trägt die Bezeichnung „NATURA 2000“. Mit darin enthalten ist außerdem die EU-Vogelschutzrichtlinie von 1992. Danach verpflichteten sich die Unterzeichner, diese Richtlinien nach ihren nationalen Möglichkeiten umzusetzen. Dies kann z.B. durch die Einrichtung von Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten oder durch vertragliche Vereinbarungen mit Eigentümern bzw. Nutzern von Grundflächen geschehen.
Dazu gehört u.a. eine besondere Verträglichkeitsprüfung bei Eingriffen in den natürlichen Lebensraum in bestimmten Schutzgebieten. Die Einhaltung der FFH-Richtlinien wird genau kontrolliert (Monitoring), dokumentiert und bewertet (Erfolgskontrolle). Damit wurde erstmals eine gemeinschaftsweit verbindliche Rechtsgrundlage zur Erhaltung und Entwicklung des europäischen Naturerbes geschaffen.
Es soll Mitbürger geben, die hinter diesen strengen Regeln ausuferndes Bürokratentum und Gängelung des mündigen Bürgers vermuten. Bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass diese Einwände vornehmlich auf Unkenntnis basieren.
Die Wacholderheiden der Osteifel liegen in FFH-Gebieten und unterstehen den Richtlinien der NATURA 2000. Wir haben uns deshalb vorgenommen, die Besucher unserer Homepage möglichst allgemeinverständlich und unparteilich über die Zusammenhänge zwischen Naturschutz und individueller Interessenswahrung zu informieren.
Die Erhaltung unserer Wacholderheiden ist Europa 1,06 Millionen EURO und dem Land Rheinland-Pfalz 770.000 EURO wert
Die Europäischen Kommission unterstützt – zusammen mit dem rheinland-pfälzischen Ministerium für Umwelt und Forsten in Mainz – Maßnahmen des Naturschutzes auf ausgewählten Wacholderheiden der Osteifel (rd. 1,06 Mio. Euro von der EU und 770.000 Euro vom Land Rheinland-Pfalz).
Diese Unterstützung aus Brüssel und Mainz unterstreicht die Bedeutung unserer Wacholderheiden für den europäischen Artenschutz.
Es gibt einige (wenige), die angesichts des nicht unbeträchtlichen Fördervolumens und dem Gegenstand der Förderung („Naturschutz“) die Meinung vertreten, das Geld sollte für bessere Zwecke verwendet werden, und sie wüssten auch schon wofür…
Solche Positionen sind legitim, denn in der Tat ist die Verwendung öffentlicher Gelder eine öffentliche und damit politische Sache. Die Entscheidungen über deren Verwendung sind „öffentlich“, d.h. es ist nach unserer Ordnung vor den dafür zuständigen Gremien Rechenschaft abzulegen.
Die Europäische Kommission ist unstreitig befugt, über die Vergabe von Geldern zu befinden. Mit ihrem Konzept „NATURA 2000“, mit ihrem Förderprogramm „LIFE Nature“ sowie mit den EU-Richtlinien „Flora-Fauna-Habitat“ und „Vogelschutz“ hat sie nachvollziehbare Rahmenbedingungen geschaffen. Also ist sie im Rahmen dieser Vorgaben befugt, öffentliche Gelder für den Naturschutz einzusetzen.
Rausgeschmissenes Steuergeld?
Bei ihrer Vergabe-Entscheidung zu diesem Projekt stand im Zentrum ihrer Zuschuss-Bewilligung die Stärkung der Lebensbedingungen von Borstgrasrasen (Nardus), Besenheide (Calluna) und Wacholder (Juniperus). Diese Leitarten sind ihrerseits Indikatoren für Lebensräume besonders seltener und schützenswerter Arten in Europa.
Um diese Vorgabe auch faktisch zu erreichen, wird es notwendig sein, die angehäuften Mulch- und Humusschichten der letzten Jahrzehnte aus den Heideflächen wieder herauszunehmen und damit wieder jene ökologische Bedingungen zu schaffen, die für Mager- und Trockenrasen unerlässlich sind. Dazu sind umfangreiche und „massive“ Arbeiten in Natur und Landschaft notwendig.
Die Natur braucht Geduld
Das Vorhaben hat eine große „kommunikative“ Dimension: Denn viele Freistellungen – vor allem in Nähe der einzelnen Ortschaften, die ihr gewohntes Landschaftsbild erhalten wollen – werden nicht ohne intensive Kommunikation mit und in der Bevölkerung möglich sein. Am Beispiel Wabelsberg (Gemeinde Langscheid) und Schafsberg (Gemeinde Virneburg) ist in den Jahren vor dem Life-Projekt ja bereits deutlich geworden, was solche Maßnahmen der „Devastierung“ (Ausmagerung) für ein Landschaftsbild zunächst bedeuten, weil dann eben nicht sofort oder binnen weniger Monate sichtbare Erfolge – etwa in Form von blühenden Heideflächen – eintreten.
Nur konsequente Maßnahmen schaffen Erfolg
Ohne wirksame Freistellungen (Entfernung) jener Kieferbäume, die Wacholderbüsche mit ihrem Schatten überdecken, ohne wirksames Mulchen (Abmähen mit gleichzeitigem Zerkleinern des „Mulchgutes“) und anschließender Entfernung des Mulchmaterials (und damit Entfernung auch von Blaubeersträuchern …) und – vor allem – ohne das Plaggen (mechanische Entfernung der Humusschicht) werden die von der EU-Kommission und von namhaften Experten geforderten „Schutzerfolge“ zugunsten der bedrohten Arten und Lebensräume in den Wacholderheiden nicht eintreten.
Wir brauchen Ihre Unterstützung
Die große Akzeptanz in der Bevölkerung der Vordereifel für die biotoppflegerisch zwingend notwendigen und sehr intensiven Pflegemaßnahmen war eines der besonderen Argumente, die die EU-Kommission bei der Projektvergabe zugunsten des Wacholderprojektes bewogen haben. Seitens der Verwaltung und der Projektleitung werden viele Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit stattfinden, um diese Akzeptanz zu erhalten. Dazu gehört, dass bei der Auftragsvergabe auch örtliche Betriebe und Unternehmen zur Teilnahme an Ausschreibungen ermutigt werden. Soweit externe Unternehmen herangezogen werden, wird ein zentrales Motive sein, nicht nur den günstigsten Anbieter, sondern auch moderne Methoden der Biotoppflege kennen zu lernen und für Pflegemaßnahmen nach dem Förderzeitraum (nach 2010) zu erschließen.
Naturschutz ist zugleich Heimatpflege
Neben den europarechtlichen und naturschutzfachlichen Ebenen gibt es noch eine dritte Ebene, die sich jeder streng rationalen oder modernen wissenschaftlichen Diskussion entzieht. Natur und Landschaft dürfen mit den Augen, müssen aber auch mit dem Herzen gesehen werden. Dies zu leugnen ist genauso „töricht“ wie darüber kontrovers zu diskutieren, was genau und mit welcher Wertigkeit man da denn nun sehen würde.
Wir schlagen vor, bei diesem „Sehen mit dem Herzen“ das Gemeinsame und Verbindende, also die gemeinsamen Wurzeln zu suchen.
Dazu gehört die Erkenntnis, dass die Wacholderheiden der Osteifel nicht natürlichen Ursprungs sind, sondern sich über Jahrhunderte hinweg durch die extensive Bewirtschaftungsweise entwickelt haben. In der Eifel sind ertragreiche Böden rar. Alle anderen Flächen wurden als Weideflächen genutzt. Dort aber wurde den Pflanzen jeder Nährstoff entzogen, denn „Düngen“ im heutigen Sinne war unbekannt, und so konnten sich über die Zeit auf den Weideflächen nur noch solche Pflanzen, Insekten und Vögel halten, die mit der dortigen mageren Kost und den klimatisch harten Lebensverhältnissen auskommen konnten.
Insofern sehen wir drei Gesichtspunkte, die uns zum aktiven Handeln auf den Wacholderheiden der Osteifel zwingend verpflichten:
Historische Verpflichtung
Unsere Wacholderheiden sind eine Art „Erinnerung“ der Natur an eine lange Zeitperiode, die hier für jeden – Pflanze, Tier und Mensch – oft hart und entbehrungsreich war. Sie sind eine Art kollektives Fotoalbum, ähnlichem dem Foto von der verstorbenen Oma, die nicht mehr lebt, die uns von ihrem wenigen Geld immer was zugeschoben hat und an die wir uns liebevoll erinnern.
Erhaltung seltener Tiere und Pflanzen
Niemand von uns ist berechtigt, jenen seltenen Pflanzen- und Tierarten die Lebensgrundlage „auszuschalten“, was aber geschehen würde, würden wir die Düngungen, Aufforstungen oder Verbuschungen weiterlaufen lassen.
Unsere Verpflichtung für das Erbe der Vorfahren
Schließlich: Diese Wacholderheiden sind Erbe der Vorfahren, und wir sind als deren Erbe und aus Respekt vor deren erfolgreichem Überlebenskampf verpflichtet, dieses Erbe weitergeben. Diese – karge, magere – Landschaft ist entstanden als Folge jahrhundertelanger Landbearbeitung, damit durch Gestaltung des Lebensraumes und damit „Kulturarbeit“ im sehr ursprünglichen Sinne. Wir sehen darin unsere Pflicht, die Wurzeln dieser Kultur für unsere Nachwelt und unsere Kinder zu erhalten.
Denn wer keine Vergangenheit hat, hat bekanntlich auch keine Zukunft. Insofern ist – für uns, andere mögen es anders sehen – Naturschutz zugleich Heimatpflege.